BTB: Logistik unter Strom

Powertrust: Herr Bürger, Sie haben in Ihrem Fuhrpark über 70 Sattelzüge, die von Containern über Baustoffe bis zu Schüttgütern alles bewegen, was bewegt werden muss. Ihre lichtgrünen LKW sind klassische Verbrenner mit Dieselmotoren. Sie haben aber im Unternehmen seit 2022 auch sieben Elektro-PKW als Firmenfahrzeuge, dazu eine brandneue 40 Kilowattpeak Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Standortes in Bremen, ein Energiemanagement-System, sowie Ladeinfrastruktur mit mehreren Ladepunkten. Wie kommt ein Unternehmen aus einer klassischen Diesel-Branche zu Photovoltaik, Ladeinfrastruktur und Elektroautos?

Frank Bürger: Die Mobilität wird sich verändern, auch im Bereich der Logistic. Für uns ist der Wechsel von Diesel getriebenen PKW auf Elektro-PKW eine große Umstellung – nicht nur in der Art des Antriebes, vielmehr auch in der Veränderung etablierter Einkaufsstrategien. Wir haben mit dem Wechsel von Verbrenner- zu Elektroantrieb auch einen kompletten Markenwechsel vollzogen, einfach weil unsere klassischen Verbrenner-Marken mit ihren E-Autos lange nicht so weit sind wie Hersteller, die ausschließlich E-Autos herstellen. Beispiel ist Tesla – diese Marke besitzt keine Verbrenner-Vergangenheit. Wir sind der Meinung, das spürt man. Außerdem ist die neue E-PKW-Firmenflotte für BTB-Logistics eine Art Feldtest, mit dem wir das Unternehmen an Elektromobilität heranführen. 

Powertrust: Seit wann beschäftigen Sie sich schon mit Alternativen zum Dieselmotor?

Frank Bürger: Mobilität ist unser Geschäft. Wir haben das Thema alternative Antriebe und Treibstoffe immer auf dem Radar. Wir hatten auch schon Biodiesel LKW in unserer Flotte. Das Thema hatte sich irgendwann erledigt, weil Biodiesel besteuert wurde und der Preisvorteil gegenüber Diesel aus Mineralöl durch die Steuer aufgehoben wurde.

Powertrust: Wo sehen Sie die Zukunft der Antriebe für Nutzfahrzeuge? Fahren LKW in Zukunft mit Wasserstoff, batterieelektrisch oder mit einer ganz anderen Antriebsform?

Frank Bürger: Wasserstoff wird gerade als heiliger Gral gehandelt. Wir sehen das kritisch, da die Technik kompliziert und teuer, die Herstellung energieintensiv ist. Außerdem muss die komplette Wasserstoffinfrastruktur für Mobilitätsanwendung neu aufgebaut werden. Um in einem aufgeheizten Szenario mit vielen unterschiedlichen Optionen eine klare Entscheidung treffen zu können, setze ich gerne alle Parameter auf null und vergleiche dann Vor- und Nachteile: Was bedeutet es für uns als Unternehmen, wenn wir auf Erdöl basierende Kraftstoffe setzen, was wenn wir Wasserstoff einsetzen, was wenn wir auf Windkraft, Wasserkraft oder Photovoltaik setzen? Wir kamen zu dem Ergebnis, dass die einzige Energie, die wir selbst vor Ort ohne komplexe Technik und Genehmigungen erzeugen können und die uns ein gewisses Maß an Unabhängigkeit vom Energiemarkt ermöglicht, Strom aus Photovoltaik ist. Außerdem ist die Technik erprobt, kann an unserem Standort installiert und betrieben werden und ist wirtschaftlich. Kombiniert mit Elektromobilität wird daraus ein funktionierendes System.

Powertrust: Haben Sie einen Stromspeicher in Ihrem System?

Frank Bürger: Nein. Wir haben sieben Elektroautos mit einer gewaltigen Speicherkapazität. Unser Ziel ist es, unseren selbst erzeugten PV-Strom in den Fahrzeugen zu speichern und in Mobilität zu wandeln. Hintergrund ist auch eine simple Rechnung: Die Kilowattstunde für einen stationären Stromspeicher schlägt mit rund 1000 Euro zu Buche. In einem Elektroauto kostet sie rund ein Viertel weniger. Wir optimieren mit unseren E-Autos unseren sowieso schon sehr PV-tauglichen Lastgang, indem wir am Tage die Fahrzeugbatterien mit PV-Strom laden. Ein stationärer Speicher würde für uns aktuell keinen Sinn ergeben.

Powertrust: Ist Ihre Ladeinfrastruktur öffentlich zugänglich?

Frank Bürger: Wir haben darüber nachgedacht, uns aber dagegen entscheiden, weil wir dazu unseren Betriebshof hätten öffnen müssen. Wir hätten von der Versicherung Auflagen erhalten. Aufwand und laufende Kosten waren zu groß.

Powertrust:  Wie sehen Sie die Zukunft bei LKW-Antrieben: werden die batterieelektrisch?

Frank Bürger: Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit der Kombination Photovoltaik und E-Auto-Laden könnten batterieelektrische Nutzfahrzeuge eine Option sein. Auch das Gewicht der Antriebsbatterien ist im Nutzfahrzeugbereich kein Problem mehr. Bei einem Sattelzug-LKW sprechen wir bei vernünftiger Reichweite von rund 3 Tonnen. Dieses Gewicht belastet nach einer Gesetzesänderung* die Nutzlast nicht, weshalb eigene Solarstromerzeugung und batterieelektrische LKW die Wirtschaftlichkeit positiv beeinflussen könnten.

Powertrust: Wie kamen Sie eigentlich zur Powertrust GmbH?

Frank Bürger: Wir haben mit der Hoyer Gruppe eine lang etablierte und gute Geschäftsbeziehung. Die Firma Powertrust aus Bremen entwickelt Gesamtenergiekonzepte mit Photovoltaik, Stromspeichern und Ladeinfrastruktur­, ­unter anderem für, mit und im Auftrage der Firma Hoyer. Nichts ist besser als eine Empfehlung von guten Geschäftspartnern und so sind wir mit der Powertrust GmbH zusammengekommen. 

Powertrust: Sind Sie zufrieden mit Ihrer Wahl?

Frank Bürger: Zufrieden im Nachhinein ja. Das System arbeitet super, aber während der Bauphase lagen auch schon mal die Nerven blank.  So musste die Statik zweimal gerechnet werden, weil die ursprüngliche Unterkonstruktion, eine leichte Variante, nicht verfügbar war. Eine damals verfügbare Unterkonstruktion war schwerer, weshalb die Photovoltaikanlage kleiner ausgefallen ist als geplant. Wir haben genau zu der Zeit gebaut, während der es Lieferengpässe gab. Nachdem die Anlage im Oktober 2022 fertiggestellt war, gab es keine Schaltschränke. Diese waren erst Anfang 2023 wieder verfügbar, weshalb unser Anlage erst im März 2023 in Betrieb genommen werden konnte. Seitdem läuft die Anlage ausgezeichnet. Jetzt sammeln wir mit dem System Erfahrungen und planen die Photovoltaik in Zukunft auch weiter auszubauen.

Powertrust: Die Welt soll elektrisch werden – mit erneuerbaren Energien. Was geben Sie persönlich Photovoltaik- und Elektromobilität-Skeptiker mit auf den Weg?

Frank Bürger: Am besten die Technik live erleben. Zu uns kommen immer wieder Menschen, die mit Verbrenner-Technik groß geworden sind und von Elektromobilität nichts halten. Die Logistikbranche ist Diesel getrieben. Wenn wir diesen Menschen aber unser System zeigen, erklären und sie erleben, wie Photovoltaik, Ladeinfrastruktur, Energiemanagement und Elektromobilität zusammenarbeiten und sie den Fahrspaß eines Elektroautos erleben, dann fangen sogar die harten Skeptiker an nachzudenken. Bisher waren alle Besucher begeistert – sogar die hartgesottenen V-8-Junkies. Das Konzept ist einfach, nachvollziehbar und wirtschaftlich. Der Fahrspaß mit einem E-Auto ist gigantisch. Mein Tipp: die Technik testen und live erleben. Photovoltaik, Energiemanagement und Ladeinfrastruktur ergänzen sich perfekt – das ist unsere Erfahrung.

Powertrust: Herr Bürger, vielen Dank für das Gespräch.

Frank Bürger: Sehr gerne!

 

Facts & Figures:

- 40 kWp Photovoltaikanlage auf Flachdach

- Sunpower Gewerbemodule 96 Stück zu je 410 Wattpeak

- Exakt 39,36 kWp mit SolarEdge Wechselrichter SE 33.3 K

- Optimierer und Module mit 25 Jahren Vollgarantie

- Wechselrichter mit 20 Jahren Vollgarantie

- Ladeinfrastruktur mit drei Wallboxen ABL eMH3 mit insgesamt sechs Ladepunkten zu je 11 kW.

 

* Auf Nachfrage beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr wurde mitgeteilt, dass die entsprechenden Vorgaben mit der Fünfundfünfzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 02.07.2021 in § 34 Absatz 5b – Mehrgewicht alternativer bzw. emissionsfreier Antrieb Einzelfahrzeug – und Absatz 6a – Mehrgewicht alternativer bzw. emissionsfreier Antrieb Fahrzeugkombination – StVZO umgesetzt wurden. Sinngemäß gilt, dass ein zulässiges Gesamtgewicht eines Nutzfahrzeuges unter Beachtung der Achslasten um bis zu 2,00 t überschritten werden darf, wenn es sich um ein emissionsfreies Fahrzeug im Sinne der Artikel 1 und 2 der Richtlinie 96/53/EG handelt und wenn das Mehrgewicht durch die emissionsfreie Technologie begründet ist.