Energieautark in der Landwirtschaft

Landwirte kennen sich mit Photovoltaik aus. In den Hochzeiten der Renditeanlagen von 2003 bis 2011 haben viele Landwirte eine oder mehrere Photovoltaikanlagen auf ihrem Hof installiert. Sie kennen sich mit Subventionen aus und haben schnell verstanden, dass sich Photovoltaik rechnet. Genauso hartnäckig hält sich daher heute die Überzeugung, dass mit Photovoltaik in der Landwirtschaft kein Geld mehr zu verdienen ist, weil die heutige Förderung niedriger ist als damals. Kommt das Gespräch auf Stromspeicher ist die vorherrschende Meinung: zu teuer und nicht wirtschaftlich. Dass dem nicht so ist, hat Anfang November 2018 der Landwirt Ommen in Ostfriesland mit seiner Neuinstallation einer Stromspeicher-Photovoltaik-Kombination auf seinem Betrieb gezeigt. Herr Ommen hat verstanden, dass die größte Wirtschaftlichkeit bei einer betrieblichen Anwendung Erneuerbarer Energien heute und in Zukunft über zwei Faktoren gesteuert wird: Erstens, durch den selbst verbrauchten Strom und nicht durch den ins Netz eingespeisten Strom. Zweitens, durch den für Jahrzehnte fixierten Strompreis mit einer eigenen Energieerzeugungsanlage.

 

Kinderleicht zu rechnen

Der Ommenhof hat 100 Milchkühe, fünf Ferienwohnungen und 45.000 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr. Was kostet der Strom, wenn die Kilowattstunde 26 Cent kostet? Klingt wie eine klassische Textaufgabe aus später Grundschulzeit und genau so lässt sich die Energiesituation am Ommenhof erklären. Nehmen wir an, der jüngste Spross vom Ommenhof, nennen wir ihn Jörn, wird in der Rechenstunde vom Lehrer, nennen wir ihn Herr Hansen, gefragt: „Was bezahlt ein Landwirt  für 45.000 Kilowattstunden Strom, wenn die Kilowattstunde 26 Cent kostet? Dann würde Jörn antworten: „3500 Euro.“ Lehrer Hansen würde sagen: „Das ist falsch Jörn, das Ergebnis ist 11.700 Euro“. Jörn ist ein cleverer Bursche und würde erwidern: „Nein Herr Hansen.  Mein Papa produziert jetzt von März bis September unseren Strom mit unserer neuen Photovoltaikanlage komplett selber und hat noch einen Überschuss. Was wir nicht sofort verbrauchen, wird in einem großen Stromspeicher zwischengelagert und nur das, was wir nicht direkt am Hof brauchen und was nicht mehr in den Stromspeicher passt, speisen wir ins Netz. Für den ins Netz gespeisten Strom bekommen wir noch eine Vergütung. Von Oktober bis September scheint die Sonne nicht so kräftig, aber wir produzieren noch mehr als die Hälfte unseres Stroms selbst. Nur den Rest kaufen wir zu. Das kostet uns maximal 3500 Euro.“

Eine einfache Rechnung, mit der Herr Ommen pro Jahr mindestens 8200 Euro spart,  plus der Vergütung für in das Netz eingespeisten Überschussstrom im Sommer. Durch gesunkene Komponentenpreise für Photovoltaik  und günstigere Preise für Stromspeichern sind solche Installationen in der Landwirtschaft sehr wohl rentabel. Ein Gesamtsystem ist nach etwa 10 Jahren bezahlt. Ein Paket Ersatzbatterien ist in der Kalkulation bereits eingerechnet. Steigen die Strompreise in den kommenden Jahren verbessert das die Wirtschaftlichkeit. Auch ein Jahrhundertsommer wie dieses Jahr steigert die Rendite.

 

Mindestens Siebzig Prozent Eigenverbrauch

Der Ommenhof in Ostfriesland, 3 Steinwürfe südlich vom Deich und 3000 Meter östlich vom Fremdenverkehrsort Carolinensiel, wird mit der neuen Stromspeicher- und Photovoltaikanlage zu 70 Prozent zum Selbstversorger. Photovoltaik und Speicher sind exakt auf den Strombedarf am Hof abgestimmt. Eine 60 Kilowatt peak Photovoltaikanlage von Adlersolar erzeugt die Energie und einem 65 Kilowattstunden Stromspeicher von Powertrust lagert sie ein, bis sie gebraucht wird. Werden große Verbraucher am Hof so geschaltet, dass sie bei Sonnenschein und vollem Stromspeicher betrieben werden, steigt der Eigenverbrauch auf über 70 Prozent.

 

Hauke Heitshusen, Technischer Vertrieb  und Berater für Sonderprojekte beim Stromspeicherhersteller Powertrust GmbH erklärt zur Energiesituation auf dem Ommenhof: „Wegen  der Melkzeiten vor Sonnenauf- und nach Sonnenuntergang liegt der Stromverbrauch zum großen Teil außerhalb der Sonnenstunden. Deshalb hätte eine reine PV-Eigenverbrauchsanlage ohne Stromspeicher keinen Sinn gemacht. Da Unabhängigkeit vom Netzbetreiber Herrn Ommens ausgesprochenes Ziel war, musste eine PV-Speicherkombi installiert werden, die zum einen den Anforderungen des landwirtschaftlichen Betriebs gerecht wird und zum anderen wirtschaftlich ist.“  

 

Genug Leistung für die Landwirtschaft

Das im Ommenhof verbaute CrystalTower Stromspeichersystem ist ein Hochvoltsystem mit einer Spannung von 360 Volt, bei einer Nettokapazität von 65 Kilowattstunden. Die Leistungsaufnahme und Abgabe der CrystalTower beträgt 27 Kilowatt. Damit ist zum einen gewährleistet, dass bei großer Photovoltaikleistung die Energie vom Dach schnell in den Speicher eingelagert wird und zum anderen kann bei Bedarf auch schnell viel Leistung abgegeben werden. Hauke Heitshusen: „Schnelle Be- und Entladung ist für die Wirtschaftlichkeit eines Stromspeichers wichtig. Je schneller der selbst erzeugte Strom in den Speicher geladen wird, desto weniger wird ins Netz eingespeist und umso mehr Strom kann selbst verbraucht werden. Beim Ommenhof war das ein entscheidendes Kriterium für die Wirtschaftlichkeit, denn 60 Prozent des Strombedarfs fallen außerhalb der Sonnenstunden an. Ein Stromspeicher in der Landwirtschat muss andererseits auch  Leistung liefern. Ein Güllerührwerk und die Melkanlage mit Kühlung muss schon problemlos betrieben werden können, und zwar so, dass die Gülle gut gerührt, alle Kühe ordentlich gemolken und die Milch vorschriftsmäßig gekühlt wird.“

 

Rentabilität

Die Frage nach der Investitionssumme beantwortet Hauke Heitshusen ausweichend: „Der Break Even ist bei diesem Projekt nach 10 Jahren erreicht und zwar für die Gesamtinstallation von Stromspeicher und Photovoltaik. Berechnet ist der „Return of Invest“ mit 70 Prozent Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms und 30 Prozent Überschusseinspeisung und der dadurch  generierten Einspeisevergütung. Bei einem anderen Projekt kann die Wirtschaftlichkeit früher, oder aber auch erst später erreicht werden. Das hängt immer vom einzelnen Projekt ab. Sicher ist aber, dass Herr Ommen mit seiner Installation heute seinen persönlich Strompreis für die nächsten 20 Jahre festgeschrieben hat und er steigenden Strompreisen gelassen entgegensehen kann. Die Unabhängigkeit vom Stromversorger war bei der Entscheidung für die Investition auf dem Ommenhof ein wesentlicher Faktor“.

 

Flexibler Speicherstandort

Leistung braucht Platz und so war auch auf dem Ommenhof die Frage, wohin mit dem Speicher. Die Photovoltaik wird selbstverständlich auf das Stalldach montiert, obwohl sich das nicht als ganz so einfach herausstellte. Die Unterkonstruktion der Module musste auf ein Faserzementdach installiert werden, was besondere Stockschrauben und einen erhöhten Arbeitsaufwand erforderte. Für die Stromspeicher hatte sich der Landwirt eine Ecke mit Schleppdach an der Außenseite seines Stallgebäudes ausgeguckt, Standort nicht verhandelbar. Um sie vor Witterung zu schützen, will Herr Ommen noch eine Wand als Abschluss zur Umgebung erstellen lassen. Heizung oder Kühlung gibt es keine. Hauke Heitshusen von Powertrust erklärt dazu: „Für die CrystalTower ist das kein Problem. Dank der eingesetzten  Blei-Kristall-Akkutechnik sind sie Temperatur unempfindlich und arbeiten von -10 bis +40 Grad Celsius nahezu verlustfrei. Bei den Wechselrichtern ist das auch unproblematisch, die haben den gleichen Temperaturbereich. Zusatznutzen für Herrn Ommen sind die Hybridwechselrichter. Die bedienen Photovoltaikanlage und Stromspeicher. Wechselrichter für die Photovoltaikanlage können entfallen“.

 

Nachhaltig

Die Lebensdauer von Blei-Kristallbatterien ist auf mehr als 10 Jahre ausgelegt. Trotzdem wurde bei der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung von 20 Jahren bereits ein Satz Wechselakkus einkalkuliert. Wichtig ist, dass Blei-Akkus nach ihrer Lebenszeit zu 98 Prozent recycelt und in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden. Beim Marktführer für Bleibatterierecycling in Europa, Berzelius Metall, werden die Bleibatterien in einem Schredder in ihre Bestandteile zerlegt. Blei, Kunststoffe und Säuren werden getrennt, individuell behandelt und aufbereitet. Lediglich 2 Prozent einer Bleibatterie können noch nicht recycelt werden. Das sind Kunststoffe, die bei der Bleischmelze als Brennstoff eingesetzt werden. Blei ist neben Gold mit fast 100 Prozent der weltweit am besten wiederverwertete Rohstoff und kann nahezu unbegrenzt recycelt werden. Damit ist auch klar, dass ein alter Blei-Akku kein Müll, sondern ein wertvoller Rohstoff ist, der zu tagesaktuellen Preisen gehandelt wird. Aufgrund steigender Nachfrage nach Blei steigen die Preise für alte Bleibatterien.  Hauke Heitshusen von Powertrust dazu: „Wer heute einen Stromspeicher mit Blei-Akkutechnik kauft wird die Batterien am Ende der Lebenszeit für einen ordentlichen Preis wieder verkaufen können. Wir entsorgen sie natürlich auch gerne kostenfrei.“

 

Fazit Photovoltaik & Stromspeicher 2018 in der Landwirtschaft

Der Ommenhof zeigt, dass 2018 eine Neuinstallation von Photovoltaik und Stromspeicher aus mehreren Gründen sinnvoll und rentabel ist. Der Betrieb wird energetisch weitestgehend unabhängig vom Energieversorger und erhält über für Jahrzehnte Kontrolle über seinen Strompreis. Mit Blei-Kristall-Akkutechnik sind Landwirte beim Standort flexibel und auf der sicheren Seite. Keine Brandgefahr, kein Auslaufen, keine Ausgasung, keine Explosionsgefahr. Sind Photovoltaik- und Stromspeicherleistung auf die Bedürfnisse des Hofes abgestimmt ist eine neue Installation mindestens genauso wirtschaftlich wie eine klassische Renditeanlage aus der Zeit vor 2010, wahrscheinlich auf lange Sicht sogar noch wirtschaftlicher, weil steigende Strompreise Installationen wie die des Ommenhofes jedes Jahr rentabler werden lassen. Dazu gibt es gratis das gute Gefühl der Autarkie und ein aufregendes Gesprächsthema, wenn die Feriengäste entdecken, dass nicht nur Milch und Eier vom Ferienhof kommen, sondern auch der Strom vom Kuhstall kommt.